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Geologie, Flora und Fauna des Rauhen Kulms

Der folgende Text stammt aus der Broschüre "Vulkanlandschaft Rauher Kulm bei Neustadt am Kulm".
Herausgeber: Stadt Neustadt am Kulm mit Unterstützung des Naturparks "Nördlicher Oberpfälzer Wald e.V."
Gestaltung: GFN - Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH

Der Rauhe Kulm - ein Vulkan?

Unsere Vorstellung ist von großen, Lava speienden Vulkanen wie dem Ätna oder dem Vesuv geprägt. Der Rauhe Kulm sieht diesen Vulkanen ähnlich, ist jedoch, wie auch die übrigen Vulkane in der Oberpfalz, ganz anders entstanden:

  1. Zunächst stieg heiße, flüssige Lava in Verwerfungsspalten der Erdkruste auf. Die Erdoberfläche wurde jedoch meistens nicht erreicht. Kurz vorher kam es zu Explosionen, wobei das in der Lava enthaltene Wasser in Form von Wasserdampf aus dem Krater emporschoss. Dies geschah im Tertiär (vermutlich im Miozän), vor etwa 15 bis 20 Millionen Jahren.
  2. Die Lava erkaltete und verfestigte sich im Laufe langer Zeiträume zu vulkanischem Gestein. Beim Rauhem Kulm gelangte die Lava nicht in die Umgebung, sondern es bildete sich im Vulkanschlot ein harter Basaltpfahl, der von weicherem Gesteinen umgeben war.
  3. In Laufe langer Zeiträume verwitterte das weichere Gestein der Umgebung. Der harte Basalt blieb weitgehend bestehen und bildete die heutige kegelartige Form des Rauhen Kulms. Damit handelt es sich hier um einen sogenannten Vulkanstiel (auch Vulkanruine genannt), der aus der umgebenden Landschaft herausmodelliert wurde.

Beim grauen, kompakten Vulkangestein des Rauhen Kulms handelt es sich um einen Nephelinbasalt. Er ist nur an wenigen Stellen säulenförmig, meist ist er in Brockenform ausgebildet.

Geschichte am Rauhen Kulm

Die meisten Informationen zur Besiedlungsgeschichte des Rauhen Kulms verdanken wir Major Dr. Adalbert Neischl, der zwischen 1908 und 1910 am Rauhen Kulm verschiedene Ausgrabungen durchführte.
Bei seinen Schürfungen fand Neischl u.a. als jungsteinzeitlich gedeutete Feuersteingeräte, daneben Keramik aus vorchristlichen Metallzeiten sowie frühmittelalterliche Keramik (oft mit Wellenlinienmuster, vermutlich slawisch, ca. 600-800 n. Chr.). Am attraktivsten ist ein Streufund aus dem Ringwall, eine 14 cm lange, bronzezeitliche Kugelkopfnadel (ca. 1700-800 v. Chr.).

Die vor allem auf der Südseite des Rauhen Kulms noch gut erhaltenen, bis zu 12 m breiten und im Mittel 1,5 m hohen Ringwälle stammen mutmaßlich aus der Bronzezeit, möglicherweise aber auch erst aus dem Mittelalter.

An verschiedenen Stellen sind Öffnungen ("Tore") in den Wällen enthalten, die aber teilweise jüngeren Datums sind (siehe Skizze von Neischl). Ob es sich um Verteidigungsanlagen handelte oder ob sie kultische Bedeutung hatten, ist strittig. Aktuellere Untersuchungen wurden leider noch nicht durchgeführt.

Erstmals im Jahr 1119 wurde die Burg auf dem Rauhen Kulm erwähnt. Sie war ein Reichslehen an die Landgrafen von Leuchtenberg. 1281 ging sie ins Eigentum der Burggrafen von Nürnberg über. 1430 überstand sie den Angriff der Hussiten. 1554 wurde sie im Bundesständischen Krieg nach einjähriger Belagerung von Nürnberger Truppen eingenommen und zerstört.

Der heutige Aussichtsturm stellt schon den fünften Turm auf dem Rauhen Kulm dar. Der erste Turm war ein um 1807 von Dr. Nikolaus Apel entworfener, hölzerner Aussichtsturm. Darin befand sich über einem Saal eine bewegliche vergoldete Sonne, weshalb der Turm auch Sonnentempel genannt wurde.

Basaltblockhalde - ein ganz besonderer Lebensraum

Der steil aufragende Kegel des Rauhen Kulms ist allsetzs von einer Basaltblockhalde umgeben. Sie ist durch Verwitterung des Basaltgesteins und Auswaschung des Feinmaterials entstanden. Derartige Blockhalden stellen Sonderstandorte dar, die sich durch ein eigenes Mikroklima auszeichnen.

Wenn im Sommer die Umgebungstemperatur deutlich über derjenigen im Haldeninneren liegt, tritt am Haldenfuß kalte Luft aus. Umgekehrt kommt es im Winter am Haldenkopf zum Austritt warmer Luft, wenn die Umgebungstemperatur unter derjenigen im Haldeninneren liegt. Insgesamt spricht man daher auch von "kaltlufterzeugenden Blockhalden". Aufgrund dieser besonderen mikroklimatischen Bedingungen stellen die Blockhalden herausragende und naturschutzfachlich sehr wertvolle Sonderbiotope dar, die eine typische und bemerkenswerte Tier- und Pflanzenwelt beherbergen. Die zunächst einheitlich aussehenden Blockhalden sind als Tierlebensräume kleinräumig deutlich differenziert:
Die besonnte Haldenoberfläche dient v.a. wärmeliebenden Tierarten als Lebensraum, darunter auch frostempfindliche Arten, die den Winter dank der Warmluftaustritte am Haldenkopf überdauern können. Der Haldenkörper (das Innere der Blockhalde) weist eher konstante Temperaturen auf (Höhlenklima). Hier leben u.a. verschiedene, teils seltene Spinnen- und Käferarten. Der Haldenfuß mit seinem sommerlichen Kaltluftaustritt erlaubt es kälteliebenden, sonst nur in höheren Lagen vorkommenden Arten, außerhalb ihres sonstigen Vorkommensgebietes zu überleben. Darunter sind v.a. viele Arten von Spinnen, Lauf- und Kurzflügelkäfern, aber auch Wirbeltiere wie die Alpenspitzmaus. Einige Tierarten der Blockhalden wie die Wolfspinne Acantholycosa norvegica-sudetica gelten als Eiszeitrelikte. Nach Rückzug des Eises konnte sie in Mitteleuropa nur an derartigen Sonderstandorten überleben.

Wegen der extremen Bedingungen und der sehr geringen Feinerdeauflage können sich auf Basaltblockhalden nur sehr wenige Blütenpflanzen ansiedeln. Die dominierenden Pflanzengruppen sind deshalb Farne, Moose und Flechten, die als sogenannte Pionierarten die lebensfeindlichen Felsen als erste besiedeln. Vor allem viele der Flechtenarten sind recht unscheinbar. So bilden einige Krustenflechten die meist grauen, weißlichen oder gelben Flecken, die man überall auf den Felsblöcken sehen kann.
Unter den Pflanzenarten des Rauhen Kulms befinden sich eine große Zahl stark spezialisierter, seltener oder gefährdeter Arten. Typisch ist - wie bei der Tierwelt - zudem das Vorkommen von montanen und alpinen Arten, die wegen der kühlfeuchten Blockhaldenbedingungen hier auch in tieferen Lagen wachsen.

Der Tüpfelfarn ( siehe Foto) bildet an den unteren Hangpartien der Blockhalde größere Bestände. Eine seltenere, für trockene und kalkfreie Mauern, Steine und Blockhalden typische Art ist der Nordische Streifenfarn. Er hat gegabelte Wedel mit mehreren schmalen, ledrigen Fiedern. Unter den zahlreichen Moosen sei das Alpen-Widertonmoos genannt, eine stark spezialisierte Art der höheren Gebirgslagen. Sie wächst, wie auch die folgende Art, v.a. an luftfeuchten, ziemlich nährstoffarmen Stellen. Die Scharlachflechte, mit ihren roten Fruchtständen eine unserer schönsten und auffälligsten Becherflechten, findet man auf Steinen mit dünner Feinerdeauflage.